Paul Hosking

Door in the Wall

Galerie Andres Thalmann, Zurich

 

01.09.2023 – 18.11.2023

 

 

Paul Hosking, geboren 1976 in Plymouth, ist ein britischer Mixed-Media-Künstler. Seine Ausbildung hat er am Plymouth College of Art und Design sowie am renommierten Goldsmith College in London absolviert. Im Verlauf seiner Karriere haben sich spiegelnde Oberflächen als primäres Medium seiner Kunstwerke herauskristallisiert. Paul Hosking steht für Brillanz, Farbe und Muster. Mit diesen visuellen Komponenten arbeitet der gebürtige Engländer mit Blick auf seine Werkbetrachter:innen und deren Umgebung. Kurzum wird die Atmosphäre der Umgebung sowie die körperliche und geistige Präsenz der Betrachter:innen von Hoskings schillernden Werken miteinbezogen und aktiviert.

 

Zwei zentrale Motive in Hoskings Arbeiten sind die Reflexion und die Repetition. Diese beiden Motive beginnen bereits im Schaffensprozess des Künstlers, der eine Kombination aus minutiös manuellen und digitalen Prozessen darstellt. Insbesondere spielt Paul Hosking mit der Repetition verschiedener Muster, die den Bedeutungsinhalt seiner Werke definieren. Eines der bekanntesten Muster, mit denen der Künstler arbeitet, ist der Maschendrahtzaun. Dieses unverkennbare Gitter arbeitet Hosking in die Spiegeloberflächen seiner Werke ein, sodass ein Einzäunungseffekt entsteht, der auf mehreren Ebenen wirkt und wahrgenommen werden kann.

 

Die Arbeit Horizon (Yellow) beispielsweise besteht aus mehreren rechteckigen Spiegeln, die sich horizontal aneinanderkoppeln. Die einzelnen Spiegelelemente sind in unterschiedlich knalligen Farbtönen gehalten. Über die Oberfläche des gesamten Werks erstreckt sich kontrastreich ein gelbes Zaunmuster. Was sehen wir, wenn wir in dieses Kunstwerk blicken? Wir sehen uns, getränkt in eine polychrome Umgebung vor einem gelben Zaun – oder befinden wir uns hinter dem Gitter? Die Werkbetrachter:innen sowie der Raum selbst, scheinen im Kunstwerk gefangen. Die Grenzen zwischen Realität und Kunst beginnen ineinanderzufliessen. Unser ambivalenter Standort wird durch die Tatsache, dass sich das Zaunmuster am oberen Ende des Werkes zu öffnen beginnt, verstärkt. Die eigene Präsenz im Raum wird reflektiert, wobei das Kunstwerk aktiv zu diesem Prozess beiträgt. Ob wir schliesslich eingezäunt werden oder uns der Freiheit nähern, bleibt jedoch uns überlassen.


Neben dem Maschendrahtzaun arbeitet Paul Hosking oft mit Camouflage. Dabei lässt er offen, ob er auf Fellmuster der Tierwelt oder auf Tarnmuster des Militärs zurückgreift. Bei diesen Arbeiten spielt der Künstler stark mit den Dimensionen des Zeigens und nicht-Zeigens. Selbstredend werden auch bei diesen Werken Bruchstücke des eigenen Spiegelbildes, der eigenen Identität, reflektiert. Auch hier existieren wir als Betrachter:innen auf zwei Ebenen, nämlich vor und im Werk. Zeitgleich werden aber kleine Details unseres gespiegelten Ichs aufgrund des Camouflage, das die Kunstwerke in repetitiver Manier übersäht, verschleiert. Die mimetischen Eigenschaften von Hoskings Werken bringen eine Transformation ins Rollen – wir oszillieren in der Metamorphose vom Mensch zum Kunstwerk.

 

Solche transformativen Prozesse untersucht der Künstler nicht nur mit zweidimensionalen Spiegelflächen. Im Besonderen fordern auch Hoskings bewegliche Wandarbeiten mit Scharnieren unsere Perspektive auf interaktive Weise heraus. Neuerdings schafft der Künstler ebenfalls dreidimensionale, freistehende Bodenskulpturen. Für diese greift er nicht nur auf sein charakteristisches Maschendrahtzahn-Muster zurück. Ein weiteres prägnantes Muster, mit dem der Künstler arbeitet, sind menschliche Silhouetten. Positive wie auch negative Gesichtsumrisse, schablonenhaft aneinandergereiht, geben den Spiegeln aus Paul Hoskings «Rorschach-Serie» ihre Form. In der Ausstellung Door in the Wall werden Sie erstmals eine neuere Werkform Hoskings aus dieser Serie sehen, nämlich eine postmoderne Interpretation der Porträtbüste. Konkret handelt es sich dabei um Skulpturen in Form von dreidimensionalen Gesichtsprofilen. Die Identität dieser Profile wird über den verspiegelten Querschnitt der Skulptur erkennbar.

 

In diesen Arbeiten übersetzt Hosking das flüchtige Spiegelbild in eine greifbare Form. Die Mimesis einer Person wird fixiert und so wird das Kunstwerk zur materiellen Erinnerung an ein Individuum. Paul Hoskings Spiegelarbeiten können als identitätsstiftende Medien gelesen werden. Wir, unser Spiegelbild und unsere Umgebung definieren das Erscheinungsbild der Kunst mit. Sie laden zur physischen und geistigen Reflexion ein und wecken derart eine Vielzahl an Emotionen und Erinnerungen.

Gwendolyn Fässler

 

 

Biography

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