Michael Craig-Martin
Birds of Paradise
24.11.2022 – 04.03.2023
Der Künstler Michael Craig-Martin (geb. 1941 in Dublin) lebt seit den 1970er Jahren in einer Welt aus industriell gefertigten Objekten. Diese Objektwelt hat Craig-Martin kontinuierlich vergrössert und aktualisiert, wofür er sich am Konsumverhalten unserer zeitgenössischen Gesellschaft orientiert hat. Rückblickend agiert Michael Craig-Martins bisheriges Schaffenswerk als dokumentarisches Archiv, das nicht nur den Wechsel vom Analogen zum Digitalen, sondern auch die fortwährende Beschleunigung in der Produktion und des alltäglichen Konsums sowie die unaufhörliche Erweiterung der Produktpalette, festhält.
Grundsätzlich ist Michael Craig-Martin bekannt für seine knallbunten Darstellungen von stark reduzierten, alltäglichen Gebrauchsgegenständen, die industriell produziert werden. Unersetzbare elektronische Alltagsbegleiter wie die AirPods, das iPhone und das MacBook, aber auch Designklassiker wie die High-Top Turnschuhe oder der Barcelona-Sessel – sie alle sind schon vom ”Vater der Young British Artists“ mit Acrylfarbe im alternativen Farbspektrum verewigt worden. Die Objekte werden vom Künstler immerzu auf ihre elementarsten Linien begrenzt. Die radikale Aufschlüsselung der Gegenstände auf ihre formgebenden Essenzen resultiert in einer Ikonisierung der Alltagsprodukte, die aufgrund ihrer Omnipräsenz und Verfügbarkeit für uns unsichtbar geworden sind. Kurzum gibt Michael Craig-Martin den Produkten ihre Visibilität zurück.
Jüngst spielt der gebürtige Ire mit den definitorischen Kriterien für die industrielle Produktion. Namentlich haben organische Produkte wie Schnittblumen, Obst und Gemüse Einzug in Michael Craig-Martins Œuvre gehalten. Auch wenn Naturdarstellungen ein traditionelles Sujet der Malerei sind, scheint man diese nicht sofort mit dem Werk von Craig-Martin verknüpfen zu wollen.
Die Ausstellung Birds of Paradise präsentiert nun Darstellungen von Schnittblumen und Gemüsecollagen neben bekannten Motiven wie USB-Sticks und Korkenziehern. Diese zunächst sehr gegensätzlichen Objekte – Natur versus Technik – folgen jedoch treu dem Prinzip von Michael Craig-Martins Schaffen: Sie zeigen Objekte aus unserer gegenwärtigen Konsumgesellschaft, deren Verfügbarkeit für uns alltäglich und selbstverständlich geworden ist. So sind Tomaten und Avocados, ebenso wie Sonnenblumen oder MacBooks Massenprodukte und repräsentieren die fabrikatorische Herstellung von organischen und künstlichen Waren. Diese neuen Motive erweitern in logischer Konsequenz das Bildvokabular von Craig-Martin.
Es wird ersichtlich, dass der Künstler in vielschichtiger Manier an verschiedene Traditionen der europäischen Kunstgeschichte anknüpft. Einerseits können seine Blumen- und Gemüsestillleben als eine Referenz an die niederländische Stilllebenmalerei des 17. Jahrhunderts betrachtet werden, die jedoch einer modernen Interpretation Craig-Martins unterliegen: Statt naturgetreue Farbgebung und Vanitas präsentiert Michael Craig-Martin ein expressionistisches Kolorit im Einklang mit zeitgenössischem Produktdesign. Andererseits stellt die Auswahl der Motive, basierend auf deren Charakteristikum als Alltagsprodukt, einen Bezug zu den Betrachtenden her. Dadurch gelingt es dem Künstler – ganz im Sinne der Pop Art – eine Brücke zwischen Alltag und Kunst zu schlagen und sich formal sowie inhaltlich in deren Tradition zu stellen. Die Alltäglichkeit bildet das Rahmengerüst für Michael Craig-Martins Schaffen: «I wanted ordinary drawing, ordinary objects, ordinary colour.»
Michael Craig-Martin ist emeritierter Professor am Goldsmith’s College in London und gehört zu den renommiertesten britischen Künstlern der Gegenwart. Seine Werke finden sich in zahlreichen internationalen Sammlungen wie der Tate Modern Gallery in London, dem Irish Museum of Modern Art in Dublin, dem Centre Georges Pompidou in Paris, dem Museum of Modern Art in New York oder auch der Australian National Gallery in Canberra wieder. 2015 hatte der Künstler zudem mit seiner Ausstellung «NOW», die als Wanderausstellung im Himalayas Museum in Shanghai sowie im Hubei Museum of Art in Wuhan gezeigt wurde, seine erste grosse Einzelausstellung in Asien. Überdies wurde Craig-Martin 2016, im Rahmen der Geburtstagsfestivitäten für Königin Elisabeth II‘s, für seine Verdienste an die Kunst geadelt.
Die Galerie freut sich ausserordentlich nun schon die dritte Einzelausstellung von Michael Craig-Martin an der Talstrasse in Zürich präsentieren zu dürfen.
Gwendolyn Fässler
Justine Krämer
Biografie
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