Eamon O'Kane

Ideal Homes
Selected Paintings 2004 - 2020

 

11.09.2020 - 14.11.2020

 

 

 

Kann man Lebensglück bauen? Der österreichische Dichter Thomas Bernhard (1931-1989) erzählt in seinem Roman „Korrektur“ (1975) von einem Mann namens Roithamer, der für seine Schwester ein Haus in Form eines Kegels bauen will. Ein Haus, von dem es im Roman heisst, dass es glücklich machen müsse.

 

Die Idee, dass es irgendwo einen Ort, einen Raum geben müsse, an dem das Lebensglück gewissermassen in der Luft liegt, ist den meisten Menschen eingeschrieben. Meist suchen wir diesen Ort im Ungefähren, in einem nicht näher lokalisierbaren Paradies. Doch einige glauben auch, dass der Mensch dieses Paradies selbst gestalten könne. Zum Beispiel Architekten.

 

Der in Skandinavien lebende irische Künstler Eamon O‘Kane beschäftigt sich in seiner Arbeit mit den architektonischen Paradiesvorstellungen der Moderne. Er malt, zeichnet, fotografiert Bauten von Bauhaus bis Brutalismus. In der Serie Ideal Homes beschäftigt sich O’Kane mit real existierenden Häuser namhafter Architekten und Gestalter verschiedener Generationen und Herkunft wie Frank Lloyd Wright, Walter Gropius, Frank Gehry oder Mies van der Rohe. Im Detail unterscheiden sich die architektonischen Konzepte der Baukünstler, auf die Eamon O‘Kane sich bezieht, durchaus. Doch allen ist gemeinsam, dass sie sich als Visionäre sahen – und von anderen bis heute so gesehen werden – und dass ihre Bauten und Entwürfe als Beispiele einer bestimmten Art von Vollkommenheit gelten.

 

Die Idee, dass Glück – aber auch Sinnhaftigkeit – in Stein zu fassen seien, ist keineswegs neu. Doch in der Moderne erhielt diese gestalterische Idee durch die Verbindung mit pädagogischen und weltanschaulichen Konzepten neue Kraft. Zum Beispiel am Bauhaus, wo die Idee des guten Geschmacks sich mühelos mit Esoterischem verband. Manche denken heute noch, Bauhaus war das Ding, manche halten heute alles, was schnörkellos modern aussieht, für Bauhaus.

 

Eamon O‘Kane malt zum Beispiel eines der Meisterhäuser, die Gropius für sich und andere Lehrende am Bauhaus in Dessau entworfen hat. Auf den ersten Blick scheint die Umsetzung O‘Kanes nahe an den bekannten schwarz-weiss Fotografien, die Lucia Moholy 1926 von den Gebäuden gemacht hat. In klarer Bildsprache gestaltet, sieht man das lichte Kiefernwäldchen, in das die Bauten gesetzt sind. Die Häuser selbst, Gropius‘ Idee von einem „Baukasten im Grossen“ folgend, aus glatten Kuben zusammengesetzt. Doch bei Eamon O‘Kane sind diese Kuben nicht glatt weiss, wie im Original. Die Häuser setzen sich aus verschiedenfarbigen Flächen zusammen. Die „Baukasten-Idee“ erscheint dadurch pointiert. O‘Kane wirft so der Betrachterin die Frage zu, ob ideale Räume sich wirklich aus standardisierten Einzelteilen zusammenbauen lassen.

 

Mit subtilen Mitteln hinterfragt Eamon O‘Kane jene modernistische Architektur, die er auf so delikate Weise zu malen versteht. Er malt so clean und kühl wie die Moderne selbst.

 

In Frank Gehry House malt er das Wohnhaus, dass der kanadischus- amerikanische Architekt und Designer für sich und seine Familie in Santa Monica, Kalifornien erbaut hat (auf der Basis eines Hauses aus den 1920er Jahren) – und versetzt es in eine üppige Gartenlandschaft, die das Haus weitgehend überdeckt. Er lässt das Gebäude nahezu verschwinden in einem fiktiven Garten, der seinerseits eine Art Paradies oder Ort des Glücks darstellt – allerdings ist diese Vorstellung von Glück und idealem Ort mit einer anderen Denkrichtung verbunden. Der Garten als idealer Ort setzt zwar, ebenso wie die Architektur, den Menschen als Gestalter voraus. Doch gibt es im Garten immer noch eine Verbindung zur Natur, zum Unplanbaren, zum Wachsenden. In diesem Bild erscheint ein sich gegenseitiges Verschlingen / Verdrängen idealer Konzepte: das moderne Haus aus den 1920ern, von Gehry Ende der 1970er und Anfang der 1990er in seinem dekonstruktivistischen Stil umgebaut. Und auf O‘Kanes Bild vom Garten überwachsen.

 

Eamon O‘Kane, geboren in Belfast, Nordirland, lebt in Dänemark und Norwegen. Sein Schaffen wurden bereits mit zahlreichen Preisen, wie dem Taylor Art Award und dem Fulbright Award ausgezeichnet. Seine Werke wurden von Europa bis Amerika in internationalen Galerien und Museen wie dem Museum of Contemporary Art in Los Angeles, dem Sheldon Art Museum in Lincoln, Nebraska, dem Irish Museum of Modern Art in Dublin und dem Museum Frieder Burda in Baden-Baden ausgestellt. Eamon O‘Kane ist als Professor für Malerei an der Academy of Art, Music and Design der Universität Bergen in Norwegen tätig.

 

Alice Henkes

 

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