Donald Sultan
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17.01.2014 - 15.03.2014
Donald Sultan ist eine Schlüsselfigur der zeitgenössischen Malerei. Nach seinem Kunststudium in Chicago ging er Mitte der 70er Jahre nach New York, einer wahrhaftigen Kunstmetropole mit pluralistischen Strömungen in der Gegenwartskunst. So standen die abstrakten Expressionisten um Jackson Pollock dem Minimalismus und der Installationskunst gegenüber. Die Malerei galt als veraltete, nicht dem Zeitgeist entsprechende Darstellungsform. Jungen Künstlerinnen und Künstlern wurde grundsätzlich von diesem überholten Modell abgeraten. Und doch machte Sultan inmitten dieses Spannungsgeflechts von Beginn an die traditionsreiche Gattung des Stilllebens zu einem zentralen Thema seines Schaffens.
Sultan hat eine neue gegenständliche Malerei entwickelt, die eben nicht nur aus einer Auseinandersetzung mit der Pop Art hervor geht. Anregungen fand er ebenso bei den alten Meistern und der Blüte der Stilllebenmalerei – als wichtiger Bezugspunkt werden oft Eduard Manet und sein Werk Le Citron, 1880-81, genannt. Bereits in seinen ersten Arbeiten stellte Sultan Alltagsgegenstände in grossflächigen geometrischen Formen, mit klaren Umrisslinien und harten Farbkontrasten dar – ein Bildaufbau, der noch heute sein Schaffen prägt. Die Motivauswahl ist vielfältig erweiterbar: Den Blumenserien seiner jüngsten Werke gingen ebenso wuchtige Gemälde voraus, in denen er Dominosteine, Billardkugeln, Knöpfe, Schmetterlinge und Früchte, der Pop Art gemäß stilisiert und monumentalisiert, zu Ikonen erhob.
Dem klassischen Sujet setzt Sultan eine neuartige und einmalige Technik entgegen, die als Markenzeichen für seine Kunst interpretiert werden kann. Er verklebt einen Sperrholzrahmen mit genormten, quadratischen Linoleumfliesen, die er mit Teer überzieht. Anschliessend schneidet er seine Komposition aus der angetrockneten, klebrig zähen Masse aus und füllt die Leerstellen mit Gips, auf den er mehrere Farbschichten aufträgt. Sultans Teerbilder sind geprägt vom satt-schwarzen Bildgrund, von dem sich die glänzende Emaillefarbe mit klar umrissenen Konturen abhebt. Vordergründig dekorativ steht der komplexen Technik eine klare, eindeutige Ikonografie gegenüber. Wie in einem Scherenschnitt zeichnen sich in Lantern Flowers Nov 25 2013 die leuchtend farbigen Blumen vor dem pechschwarzen Hintergrund ab. In Navy Flocked Poppies Nov 16 2013 und den kleinformatigeren Malereien der Ausstellung hingegen verstärkt Sultan die Oberflächenspannung, indem er mit geschwärztem Blau und Schwarztönen Farben wählt, die der Teermasse nahe stehen. Der intensive Gebrauch von Schwarz zieht sich durch Sultans gesamtes Schaffen. Die oft mit Trauer assoziierte Farbe wirkt in seinen Werken lebhaft, vornehm und elegant – doch auch fragil, so dass vielleicht doch so etwas wie morbider Charme anklingt. In Yellow Poppies Nov 14 2013 verzichtet Sultan auf die Verwendung von Teer; der Emaillelack der gelben Blüten hebt sich von der weissen Spachtelmasse ab. Seine reliefartige Malerei, die nur selten einen Duktus verrät, zeichnet sich durch eine dichte Malstruktur aus. Die Trumpet Bilder in mehreren Variationen stellen die Papierarbeiten der Ausstellung. Die Black Trumpets zeigen eine samtschwarze Blüte, in deren Zentrum lediglich eine kreisrunde Farblinie ausgebildet ist. Umringt von der massiven schwarzen Fläche wirkt sie sehr filigran und zerbrechlich. Die kleineren Formate der Trumpets sind farbenfroh. In ihren Grundzügen klingen Reminiszenzen an Andy Warhols Pop-Ikone Flowers, 1964 an. Selbstverständlich überführt Sultan auch hier die vorgeführte Methode in einen ganz eigenen, unverkennbaren Stil.
Sultan ist 1951 in Asheville im Bundestaat North Caolina geboren. Er studierte Kunst an der University of North Carolina in Chapel Hill, von wo er als Bachelor of Fine Arts an die School of the Art Institute of Chicago wechselte. Er schloss 1975 mit dem Master of Fine Arts sein Studium ab und zog nach New York, wo seine Karriere ihren Anfang nahm. Das Museum of Modern Art in New York würdigte 1988 den 37-jährigen als bis dahin jüngsten Künstler mit einer Einzelausstellung. Es folgten zahlreiche Ausstellungen in nahmhaften Museen. Zudem befinden sich seine Werke in international bedeutenden Museen und öffentlichen Sammlungen, darunter das Museum of Contemporary Art in Tokio, das Singapore Museum of Art, die Tate Modern in London, das Solomon R. Guggenheim Museum, das Museum of Modern Art und das Metropolitan Museum of Art in New York. Im Jahr 2010 wurde Sultan mit dem North Carolina Award gewürdigt, der höchsten Auszeichnung, die ein US-Bundesstaat einem Zivilbürger verleihen kann; 2011 wurde ihm zudem der Lifetime Achievement Award der Houston Fine Art Fair zugesprochen. Des Weiteren unterstreichen drei Ehrendoktorwürden die grosse Bedeutung seines künstlerischen Schaffens.
Marie-Louise Teichmann
Biografie
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